Charité Universitätsmedizin Berlin
Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie
Hausanschrift:
Luisenstrasse 13
10117 Berlin
Leitender Arzt: Prof. Dr. med. Th. Dörner
5 .Deutscher Sjögren Tag in Berlin 2006
Organisation:
Prof. Dr. Th. Dörner, Dr. E. Feist, Dr. A. Hansen
Einladung und Programm
www.rheuma-liga-berlin.deunter Krankheitsbilder / Sjoegren-Syndrom
Bericht aus der agil
In agil, dem Infomagazin der Deutschen Rheuma-Liga Berlin e.V., Nr. 3/06, berichtete Birgit Sutarna, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Rheuma-Liga Berlin, ausführlich über den 5. Deutschen Sjögren-Tag. Wir veröffentlichen den Beitrag mit ihrer freundlichen Genehmigung:
hier downladen unter "Wenn die Drüsen versagen"
Ein Meilenstein für das Sjögren-Selbsthilfe-Netzwerk
Welch ein Erfolg! Vierhundert Sjögren-Syndrom-Betroffene, Angehörige und interessierte Ärzte aus ganz Deutschland und sogar der Schweiz nahmen am 5. Deutschen Sjögren-Tag in Berlin teil, der gemeinsam vom Selbsthilfe-Netzwerk Sjögren-Syndrom, der Deutschen Rheuma-Liga Berlin e.V. und der Charite´Campus Mitte veranstaltet wurde.
Es war auch das erste Mal, dass ein Landesverband der Deutschen-Rheuma-Liga e.V. gemeinsam mit unserem Netzwerk und einer Klinik die Vorbereitung und die Organisation des gesamten Tages übernahm. Das ist beispielhaft und ein Meilenstein für die weiteren Deutschen Sjögren-Tage! Frau Marlies Thermann stellte dies in ihrer Begrüßung besonders heraus, und es sei darüber hinaus für unser Netzwerk ein besonderes Glück, in der so bekannten Klinik Charité mit ihrer internationalen Bedeutung den für uns so wichtigen Tag durchführen zu können.
Auf diese Bedeutung, begründet von namhaften, großen Medizinern in Vergangenheit und Gegenwart, wies Herr Prof. Dr. Gerd-R. Burmester, der Chef der Rheumatologie und klinischen Immunologie, in seiner Begrüßung hin. Ebenso wie der Präsident der Deutschen Rheuma-Liga Berlin e.V., Herr Dr. Helmut Sörensen, und wie die Vizepräsidentin der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband e.V., Frau Rotraut Schmale-Grede, ging auch er vor allem aber auf die Bedeutung der Patienten-Selbsthilfe für die Medizin ein und damit auf die Bedeutung der Deutschen Sjögren-Tage. Wir erlebten, dass damit beispielgebend der Anspruch der Patienten und auch derjenigen Ärzte ernst genommen wurde, die das partnerschaftliche Miteinander schon lange als fruchtbare und hilfreiche Ergänzung wünschen, ja fordern.
Dieses Ernstnehmen erfuhren wir Teilnehmer/innen den ganzen Tag über besonders von Herrn Prof. Dr. Thomas Dörner, der diesen Tag hervorragend vorbereitet hatte und in seiner so menschlichen Art moderierte und durch die Veranstaltung führte. Er machte allen Mut, an diesem Tag über das Zuhören hinaus offen die eigenen Anliegen vorzutragen und damit auch gegenseitig Anregungen zu geben.
Auf die drängenden Fragen der Betroffenen gingen die Referenten mit ihrer Fachkompetenz nicht nur in ihren Vorträgen, sondern auch in den jeweiligen Fragerunden danach ein, sodass oft ein dialogisches Gespräch erfolgen konnte.
Die Fachärzte Dr.Tobias Berg (HNO), Dr. Eugen Feist (Rheumatologie/Klinische Immunologie), Dr. Arne Hansen (Med. Poliklinik), Dr. Uwe Pleyer (Augenheilkunde), Prof. Dr. Thomas Dörner (Interdisziplinäre AG Rheumatologie/Hämostaseologie) und Privatdozent Dr. Dr. Michael Stiller (Zahnmedizin) referierten eingehend über die verschiedensten Aspekte der Sjögren-Erkrankung und machten deutlich, dass für dieses Krankheitsbild die interdisziplinäre Zusammenarbeit der medizinischen Fachrichtungen unverzichtbar ist.
Das betonte in besonderer Weise Dr. Arne Hansen. Beim Auftreten von besonderen Komplikationen müssten die verschiedenen ärztlichen Fachrichtungen eng zusammenarbeiten, um eine optimale Vorsorge, Therapie und Nachsorge zu ermöglichen. Manager muss dabei der Hausarzt sein, besser noch der Rheumatologe. Er kennt das Krankheitsbild, beobachtet den Krankheitsverlauf und kann weitere Spezialisten hinzuziehen, wenn andere organische Manifestationen festgestellt werden oder nicht auszuschließen sind.
Auf großes Interesse stieß Dr. Feist mit seinem Referat Laboruntersuchungen beim Sjögren-Syndrom: Was sagen sie aus? Hier machte zum ersten Mal ein Experte deutlich, wie wichtig Laboruntersuchungen für die Diagnose und auch für den weiteren Krankheitsverlauf sind.
Die Probleme der Zahnerkrankungen, die besonders häufig beim Sjögren-Syndrom auftreten, behandelte eindringlich Dr. med. Dr. dent. Michael Stiller. Er wies darauf hin, dass bei gesicherter Diagnose der behandelnde Zahnarzt unbedingt auf das Sjögren-Syndrom hingewiesen werden muss, damit durch spezielle Vorkehrungen einem verstärkten Gebissverfall vorgebeugt werden kann.
Prof. Dr. Dörner befasste sich mit Behandlungsmöglichkeiten unter der Fragestellung Was hat sich bewährt, welche neuen Therapieansätze gibt es aus internistischer Sicht? Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Dörner beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Sjögren-Syndrom. Neben Verbesserungen in der Diagnostik werden innovative Ansätze in der Therapie untersucht. Bei allen Fortschritten hinsichtlich Erkennung und Behandlung der Krankheit müssen viele neue Ansätze aber noch ausführlicher untersucht werden, um einen Nutzen zu belegen.
Hierbei können und müssen wir Sjögren-Betroffenen selbst mithelfen, indem wir diesem Forschungsteam z. B. für Blutuntersuchungen zur Verfügung stehen.
In unser aller Interesse müssen wir wo immer dies erforderlich ist und von ihnen erbeten wird - die Ärzte unterstützen, die unsere bis heute immer noch nicht heilbare Krankheit erforschen.
Dieses gegenseitige Geben und Nehmen als Grundidee der Selbsthilfe machte Frau Elfi Borchers noch einmal zum Thema ihres Schlusswortes. Für unser Netzwerk dankte sie allen Organisatoren und Mitwirkenden des 5. Deutschen Sjögren-Tages, insbesondere Herrn Prof. Dr. Dörner und den Referenten, die bis zum Ende der Veranstaltung beiwohnten und damit die von ihnen betonte Wichtigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit demonstrierten. Sie erklärten darüber hinaus ihre Bereitschaft, ihre Ausführungen in Berichten für unsere Homepage zusammenzufassen und sie damit allen Sjögren-Betroffenen und interessierten Ärzten zugänglich zu machen.
Unter großem Beifall aller Teilnehmer konnte Frau Borchers abschließend mitteilen, dass die Fortsetzung unserer Sjögren-Tage schon gesichert ist: Der 6. Deutsche Sjögren-Tag findet wiederum auf Initiative unseres Netzwerks am 17. März 2007 an der Universitäts-Klinik Freiburg statt und wird diesmal mitorganisiert von der Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V.(der wir für ihre Unterstützung unserer Arbeit seit ihren ersten mutigen Anfängen durch Frau Johanna Götzinger im Jahre 1999 besonders dankbar sind!).
Marlies Thermann
Elfi Borchers
Beiträge
Prof. Dr. med. Thomas Dörner
Charité Universitätsmedizin Berlin,
Institut für Transfusionsmedizin
Die Behandlung des primären Sjögren-Syndroms:
Was hat sich bewährt? Was gibt es für neue Therapieansätze?
Das Sjögren-Syndrom stellt in seiner mannigfaltigen Ausprägung eine Herausforderung für viele unterschiedliche Fachgebiete dar. Der spezialisierte Rheumatologe ist dabei verantwortlich für die Behandlung entzündlich betroffener innerer Organe, des Bewegungsapparates und der sog. Sicca-Symptomatik.
Nur wenige sog. klinische Studien haben die sichere Wirksamkeit einzelner Medikamente beim Sjögren-Syndrom belegt. In erster Linie liegen für das orale Pilokarpin (Salagen®) in der Dosis bis max. 4 x 5mg sichere Belege der Wirksamkeit bei Sicca-Symptomatik (insbesondere im Mundbereich) vor. Ein anderes Medikament für die Anregung der Drüsenproduktion, Cimevelin, ist in Deutschland nicht verfügbar.
Die Behandlung der Gelenkschmerzen ist unverändert eine Domäne der Schmerz- und Antientzündungsmittel, auch NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) genannt. Die Klassiker, wie z.B. Ibuprofen, Diclofenac u.a. auch ältere NSAR genannt wurden durch neuartige Medikamente, die sog. Coxibe, ergänzt. Deren Vorteil ist eine geringere Nebenwirkungsrate auf den Magen/Darmtrakt mit weniger Geschwüren bzw. Schleimhautveränderungen. Die im Rahmen von Vioxx erkannten Zunahmen an Schlaganfällen und Herzinfarkten (was zur Marktrücknahme des Medikamentes 2004 führte) ist nach derzeitigem Kenntnisstand aber durchaus auch bei den älteren NSAR zu sehen.
Daher ist jedweder Gebrauch von Schmerzmitteln der NSAR oder Coxib-Gruppe in der geringsten Dosis über den kürzesten Zeitraum einzunehmen. Ausgeprägte Gelenkbeschwerden sprechen oft auf Cortisongabe von 14-28 Tagen an.
In der Basistherapie ist Hydroxychlorochin (Quensyl®) bzw. Resochin wirksam, wobei regelmäßige Augenarztkontrollen notwendig sind. Keine sicheren Belege liegen für andere Basismittel vor (Imurek, Cyclophosphamid, Ciclosporin, Metotrexat). Aber auch diese Medikamente sind für einzelne Patienten mit Sjögren-Syndrom wirksam.
Viele Patienten mit einem Sjögren-Syndrom leiden an depressiven Stimmungsschwankungen. Andere weisen ein sog. sekundäres Fibromyalgiesyndrom auf. Hier haben sich Psychotherapie und intensive physikalische Übungen (kardiovaskuläres Konditionierungstraining, Krankengymnastik, Elektrotherapie. Med. Schwimmen/Bewegungsbäder als auch die Kältetherapie) und Muskel-entspannende Medikamente (sog. Muskelrelaxantien) als wirksame Maßnahmen erwiesen. Ergänzend sollten in Absprache mit einem Spezialisten sog. Antidepressiva (z.B. Amtryptilin [kann sicca verstärken], Alprazolam oder Remergil u.a.) erwogen werden.
Neue Ansätze für Patienten mit schwerer Erkrankung stellen sog. biologische Therapien gegen B-Zellen dar. Dabei werden Infusionen mit sog. monoklonalen Antikörpern, welche auf die B Zellen spezifisch zielen (Anti-CD20 und Anti-CD22 Therapie), verabreicht. Diese neuen Ansätze müssen aber noch ausführlicher untersucht werden, um einen Nutzen für eine evtl. Behandlung zu belegen.
In Einzelfällen konnten wir bei Patienten mit deutlichen Gelenkbeschwerden ein Ansprechen auf Kineret ® (Anakinra) sehen. In anderen Fällen erwies sich eine sog. Immunadsorption (verwandt mit einem sog. Plasmaaustausch) bei einer Pat. mit schweren Gangstörungen als hilfreich.
Dr. med. Eugen Feist
Charité Universitätsmedizin Berlin,
Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie
Laboruntersuchungen beim Sjögren-Syndrom: Was sagen sie aus?
In den Vorstellungen zur Verursachung des Sjögren-Syndroms spielen virale Infektionen eine zunehmende Rolle, wodurch den Epithelzellen der Speicheldrüsen ein wachsendes Interesse zukommt. Erste Untersuchungen zur Eiweiß- und RNA-Zusammensetzung im Drüsengewebe zeigten interessante Befunde für das Sjögren-Syndrom, die zu diagnostischen Zwecken eingesetzt werden könnten und neue Hinweise zur Ursache des Krankheitsbildes liefern.
Die Durchführung einer minimal-invasiven Lippendrüsenbiopsie wird weiterhin empfohlen. Bei der Bewertung der Biopsie muss jedoch beachten werden, dass sich auch natürliche Veränderungen im Gewebe mit steigendem Lebensalter ergeben. In der Autoantikörperbestimmung spielen weiterhin Anti-Ro und Anti-La Antikörpern eine wesentliche Rolle und dienen zur Unterstützung der Diagnose. Der Nachweis von Anti-Fodrin Antikörpern kann durch uns nicht generell empfohlen werden. Für die Bestimmung von Anti-Muskarinrezeptor Antikörpern gibt es keine ausreichend standardisierten Bestimmungsmethoden.
Eine Komplikation des Sjögren-Syndroms stellt das Non-Hodgkin Lymphom dar, welches insbesondere innerhalb der Drüsen vorkommt. Neben speziellen Hautbefunden, Vergrößerung von Mundspeicheldrüsen, Milz oder Lymphknoten, kann die Labordiagnostik hilfreich in der Früherkennung sein.
Dr. med. Tobias Berg
HNO-Klinik, Chefarzt: Prof. Dr. Kaschke,
Sankt Gertrauden-Krankenhaus
Das Sjögren-Syndrom aus HNO ärztlicher Sicht
Die Symptome des Sjögren-Syndroms wie Mundtrockenheit, anhaltende Schluckbeschwerden und wiederkehrende Schwellungen der Speicheldrüsen führen die Betroffenen häufig zu erst zum HNO-Arzt.
Besteht der Verdacht auf ein Autoimmungeschehen sollte eine Probe aus der Lippenschleimhaut zur Diagnosesicherung gewonnen werden. Weitere Untersuchungen von Augenärzten und Rheumatologen runden die Diagnostik ab.
Meistens bietet sich eine symptomorientierte Therapie mit vermehrter Flüssigkeitsaufnahme oder mit künstlichem Speichel an. Kommt es zu bleibenden oder sogar stark wachsenden Schwellungen im Bereich der Speicheldrüsen, ist eine Entfernung der Speicheldrüse durch einen erfahrenen HNO-Chirurgen anzuraten, da es gelegentlich auch zu Entartungen der Speicheldrüsen im Rahmen des Sjögren-Syndroms kommen kann. Diese operative Behandlung wird an einem klinischen Fall demonstriert.
Dr. med. Arne Hansen
Charité Universitätsmedizin Berlin,
Medizinische Poliklinik
Komplikationen bei Sjögren-Syndrom: Welche Rolle spielen sie, wie kann man sie erfassen?
Das Sjögren-Syndrom ist eine entzündliche Erkrankung des rheumatischen Formenkreises, deren Charakteristikum die fortschreitende Schädigung der Tränen- und Speicheldrüsen ist. Hieraus resultieren die für die Erkrankung typischen Beschwerden: die Mundtrockenheit (Xerostomie) und die chronische, trockene Entzündung der Horn- und Bindehäute des Auges (Keratoconjunctivitis sicca). Bei einem Teil der Betroffenen treten weitere Beschwerden auf, die lokale Komplikationen bzw. eine Beteiligung weiterer Organsysteme anzeigen. Hierzu zählen Abgeschlagenheit und Leistungsminderung, die Schwellung von Lymphknoten und Ohrspeicheldrüsen, Muskel- und Gelenkbeschwerden oder eine erhöhte Anfälligkeit für lokale Infektionen, insbesondere bei Beteiligung der Atemwege und des Urogenitaltraktes. Selten werden eine Beteiligung der Blutgefäße, der Blutgerinnung, der Haut, Leber, Nieren oder Nerven beobachtet. Als schwerste, seltene Komplikation des Krankheitsverlaufes gilt die Entartung der Entzündungszellen (Lymphozyten): das Auftreten sogenannter maligner Lymphome. Um Risikopatienten für diese Komplikationen zu erfassen und, gegebenenfalls, entsprechende weiterführende Maßnahmen einleiten zu können, ist eine regelmäßige ärztliche Vorstellung anzuraten. Körperliche Untersuchung, Laborparameter, Ultraschall oder die feingewebliche (mikroskopische) Untersuchung einer Gewebeprobe helfen hier häufig weiter. Insbesondere beim Auftreten von Komplikationen ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener ärztlicher Fachrichtungen gefragt, um eine optimale Vorsoge, Therapie und Nachsorge der betroffenen Patienten zu ermöglichen.
Prof. Dr. med. Uwe Pleyer
Charité Universitätsmedizin Berlin,
Klinik für Augenheilkunde
Trockenes Auge ein trockenes Thema ?
Der schwedische Augenarzt Henrik Sjögren fasste 1933 erstmals ein Krankheitsbild zusammen das sich mit Mundtrockenheit und vermindertem Tränenfilm äußerte. Heute ist die Augenbeteiligung im Rahmen des Sjögren Syndrom häufig ein Leitsymptom das zur Diagnose führt.
Die Ausprägung der Augenbeteiligung weist dabei ein breites Spektrum auf. Klinischer Befund und subjektive Wahrnehmung können hierbei weit differieren. Bereits geringe Tränenfilmstörungen können zu Irritationen mit Fremdkörperempfinden führen und die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen. Andererseits werden u. U. fortgeschrittene Veränderungen erst spät als Komplikation des trockenen Auges mit z.T. irreversiblen Schädigungen beim Augenarzt festgestellt. Da ein intakter Tränenfilm wesentliche Abwehrleistungen gegenüber pathogenen Erregern ausübt und wichtige nutritive Bedeutung hat, sind Schädigungen von Bindehaut und Hornhaut als Folge des trockenes Auges häufigste Komplikation. Das Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen hat sich für das trockene Auge in den letzten Jahren deutlich gewandelt und bereits zu neuen Therapieansätzen geführt.
Mit diesem Beitrag soll die Rolle des Augenarztes für Diagnostik und Therapie bei Patienten mit Sjögren Syndrom vorgestellt werden. Gleichzeitig werden neue Behandlungskonzepte besprochen die bei schweren okulären Manifestationen angewendet werden können.
PD Dr. Dr. med. Michael Stiller
Charité Universitätsmedizin Berlin,
Zentrum für Zahnmedizin
Zahnärztliche Besonderheiten in Diagnose und Behandlung bei Sjögren-Syndrom
Das Sjögren-Syndrom ist eine häufige chronische Erkrankung, die neben anderen Symptomen durch das Vorhandensein einer Mundtrockenheit charakterisiert wird. Am häufigsten- und für den Patienten am lästigsten sind entzündliche Vorgänge in den Tränen- und Speicheldrüsen, die durch eine oftmals erheblich eingeschränkte Drüsenfunktion oder auch durch völliges Erlöschen der Sekretion Beschwerden bereiten.
Es muß hier vorausgeschickt werden, daß der Mensch insgesamt vier große Speicheldrüsen (zwei Ohrspeicheldrüsen und zwei Unterkieferspeicheldrüsen) und eine große Anzahl kleiner ca. stecknadelkopfgroßer Speicheldrüsen in der Mundschleimhaut und dem Gaumen besitzt. Beim Sjögren-Syndrom sind alle Speicheldrüsen mehr oder weniger beteiligt und können erheblich an Funktion einbüßen. Durch langandauernde entzündliche Reize werden die Drüsen zerstört, wobei das normale Drüsengewebe allmählich durch minderwertiges Gewebe ersetzt wird (kein Geschwulstgewebe!). In einem solchen Fall ist es dann auch nicht mehr möglich, die Speicheldrüsen durch z.B. Medikamente zu reizen und so die Mundrockenheit zumindest zu lindern.
Der Speichel besitzt für die Ökologie der Mundhöhle und des Rachens eine zentrale Bedeutung. Er kleidet die Schleimhaut mit einem Eiweißfilm aus und schützt diese so vor der mechanischen Belastung durch den Kauakt. Weiterhin fördert ein stabiler Speichelfilm die regenerative Kapazität der Mundschleimhaut. Der Speichel leitet außerdem mit Verdauungsenzymen die erste Phase der Verdauung der Nahrung ein und enthält wichtige Faktoren der Immunabwehr, die sog. sekretorischen Immunglobuline. Da die Mundhöhle mit Bakterien und auch manchmal mit Pilzen besiedelt ist, kommt dabei dem Speichel die zentrale Bedeutung der Immunabwehr im Mund zu. Im Speichel enthalten sind auch Entzündungszellen, die jedoch hauptsächlich dem Zahnfleischsaum entstammen. Zusammen sorgen diese Faktoren dafür, daß alle Einflüsse, die die Mund- und Rachenschleimhaut schädigen können, minimiert werden. Nicht zu unterschätzen ist die Rolle des Speichels bei der Remineralisation der Zähne nach Säurebefall (Ursache der Zahnkaries) und der Spüleffekt zur Verminderung der Zahnplaqueakkumulation.
Kommt es, wie z.B. beim Sjögren-Syndrom, zu einer Verminderung der Speichelproduktion, so muß mit einer Reihe von Folgen für den Patienten gerechnet werden. Diese lassen sich einteilen in
1. Schäden der beweglichen und befestigten Mundschleimhaut, und
2. Schäden, von Zähnen und Zahnhalteapparat (Parodontium).
An Zähnen und Zahnhalteapparat zeigen sich bei verminderter Speichelproduktion eine starke Neigung zur Karies (Problem hauptsächlich bei Kindern mit einem Sjögren-Syndrom) und im Erwachsenenalter die Neigung zu parodontalen Erkrankungen. Bei guter und regelmäßiger Mundhygiene lassen sich diese Effekte minimieren, jedoch nicht vollständig beseitigen. Deshalb muß der Zahnarzt unbedingt auf das Sjögren-Syndrom hingewiesen werden und durch spezielle Vorkehrungen dem Patienten helfen, einem verstärkten Gebißverfall vorzubeugen.
Fragen an und Antworten von
Prof. Dr. T. Dörner, Rheumatologe
Prof. Dr. U. Pleyer, Augenarzt
PD Dr. Dr. M. Stiller, Zahnmediziner
Dr. E. Feist, Laborarzt
von der Charite Berlin zum 5. Deutschen Sjögren-Tag
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