Vor ca. vier Jahren wurde bei mir die Diagnose "Verdacht auf primäres Sjögren-Syndrom" gestellt.
Sicher hatte ich die Krankheit schon länger in mir, bis die verschiedenen Symptome und Diagnosen der Fachärzte wie Puzzle-Teile zu einem Krankheitsbild zusammengesetzt wurden. Zu meinem Glück kam ich in einer Rheumaklinik zu einem guten Rheumatologen, der außer der Diagnosestellung mich auch sehr gut informierte und gleich mit den richtigen Fachbüchern versorgte.
Ich erkannte: "Gefahr erkannt - Gefahr gebannt". Mein Leben wird sich ändern, doch wie wird alles werden?! Medikamentös gut eingestellt und mit dem Tipp, mich an das Sjögren-Selbsthilfenetzwerk zu wenden, kam ich nach Hause.
Nach einem guten Gespräch mit der Ansprechpartnerin von NRW bekam ich das Gefühl, mit meiner neuen Situation nicht alleine zu sein. Gemeinsam sind wir stärker, waren meine Gedanken. Auch mein Ehemann war zuversichtlich, obwohl sich auch für ihn manches in unserem Tagesablauf änderte. Sehr wichtig für mich ist - damals wie heute - mein junger Hausarzt. Schnell arbeitete er sich in diese seltene, systemische Krankheit ein und vergaß über die vielen körperlichen Symptome meine Seele nicht. Er koordiniert prima meine jährlichen Kontrolluntersuchungen in der Rheumaklinik und bei den verschiedenen Fachärzten, die wir bei dieser Krankheit brauchen. Von ihm bekomme ich viel Kraft und Sicherheit, meinen Weg zu gehen. Meine guten Freundinnen gehören natürlich auch zu dem Kreis der Helfer, die mich in dem manchmal schwierigen Lebensabschnitt mit meiner Krankheit begleiten.
Dies ist sicher ein sehr wichtiger Personenkreis für mich, doch mir wurde klar, alle können mir nur "eine Tür zu meinem Weg" öffnen; durchgehen muss ich alleine!
In Ergänzung zur medikamentösen Therapie ist es nun meine Aufgabe, alles zu tun, um meine Siccasymptome (Trockenheitsbeschwerden) zu lindern. Das bedeutet: für genügend Flüssigkeitszufuhr sorgen, regelmäßiges tropfen der Augen, eincremen der Haut, Pflege der Schleimhäute (Nase, Genitalbereich), gründliche Zahn- und Mundpflege; d.h. die Zeit im Badezimmer musste anders geplant werden.
Um meine Beweglichkeit zu erhalten muss ich meine gymnastischen Übungen möglichst täglich machen. Die Physiotherapie wirkt nur mit meiner Mitarbeit. Also Zeit einplanen ohne Schuldgefühle zu bekommen; eventuell etwas Anderes vernachlässigen.
Meine regelmäßige Tabletteneinnahme organisierte ich auch anders. D.h. Medikamentenplan erstellen und Tablettenkästchen für die ganze Woche füllen. Das spart mir Zeit und unangenehme, Angst machende Gedanken wie z.B. "oh diese viele Chemie, die vielen Nebenwirkungen". Dies reicht einmal pro Woche. Die fertige Tagesration jedoch gehörte schnell zum Tagesablauf.
Als sich neue Beschwerden aus anderen Krankheitsbildern der Kollagenosen hinzugesellten, merkte ich, wie wichtig die gute medizinische Information für mich ist. Sehr wertvoll sind, neben den Fachbüchern, die Teilnahme an Sjögren-Tagen und der Austausch mit Patienten. Es nimmt mir die Angst, wenn ich die körperlichen Zusammenhänge kenne und lerne, was noch auf mich zukommen kann, aber nicht kommen muss.
So versuche ich nun, mit weiteren schmerzhaften Beschwerden wie Muskel- und Gelenkentzündungen, Sehnen- und auch Knochenschmerzen in beiden Fersenbeinen zurechtzukommen.
Durch die Herzbeteiligung machte mir auch die chronische Müdigkeit sehr zu schaffen. Das bedeutete Einschränkungen im Alltag, Abschied von Tätigkeiten und Hobbys. Es folgte eine kurze "Trauerzeit", bis mir mein Weg deutlicher wurde und mir zeigte, dass die Krankheit zu mir gehört und nicht ein Feind ist, den ich ständig bekämpfen muss. Nein, von nun an wollte ich meine Krankheit in mein Leben einbinden, neue Hobbys finden, Hilfe annehmen für Haus und Garten, Spezial-Fahrrad (wg der Schulter- und Nackenschmerzen), MBT-Schuhe (wg der Fersenbeschwerden) und Spezial-Brille gegen Sonne und Wind anschaffen. Nun noch die Schmerztherapie akzeptieren und die Welt war schon nicht mehr so dunkel.
Ab und zu mal ein Treffen mit Freunden ist wichtig; schöne Sachen anschauen, "Kopf auslüften", das Leben spüren; denn ich kann doch noch viel - eben in meinem Rahmen.
Nun musste ich endlich lernen, meine Belastungsgrenzen zu erkennen und auch einzuhalten, da meine Mitmenschen sie nicht kennen können. Bei gemeinsamen Freizeitaktivitäten auch mal "nein" zu sagen , obwohl ich so gern mithalten möchte, ist schwer, aber erlernbar. Schwieriger ist, die Enttäuschung auszuhalten, wenn mir vorgeführt wird, was ich nicht mehr schaffe, so wie damals, als gesunde Frau!
Es gilt nun, nicht mehr zurück sondern nach vorne zu schauen, glücklich und stolz zu sein auf alles, was ich noch schaffe!
Für mich ist es wichtig, dass mein Partner im Alltag und Urlaub sich nicht immer meinen Leistungen bzw. Einschränkungen anpasst, sondern versucht, sein "Tempo" zu leben, denn ich habe die Krankheit und nicht er. Dies verhindert bei mir Schuldgefühle, Stress und psychische Belastungen, die dann einen Krankheitsschub auslösen könnten. Ebenso ist es wichtig Entspannungsübungen zu erlernen, um damit besser mit negativen Stresssituationen fertig zu werden.
So tragen richtige Informationen, gute Ärzte, verständnisvolle Freunde und eine positive Einstellung dazu bei, meinen beschwerdereichen Lebensweg mit dem Sjögren-Syndrom zu meistern.
(Autorin dem Adminstrator bekannt, 2007)
Zum Trost
Leicht sieht ein jeder, der nicht blind,
wie krank wir, trotz der Ärzte sind.
Doch nie wird man die Frage klären,
wie krank wir - ohne - Ärzte wären.
(Eugen Roth)