Auszugsweise Übersetzung eines Artikels von Prof. Dr. Steven Mandel,
Neurologie-Professor in Philadelphia, (2004)
Dr. Mandel ist Spezialist für neuromuskuläre Probleme und hat während seiner Arbeit mehr als 200 Patienten mit Sjögren-Syndrom gesehen, die ein atypisches Bild vielseitiger neurologischer Krankheiten zeigten und falsch diagnostiziert worden
waren.
Das veranlasste ihn, mehr über das Sjögren-Syndrom und seinen Zusammenhang mit neurologischen Symptomen zu erforschen, was, wie Dr. Mandel glaubt, häufiger ist als bisher angenommen.
Neurologische und neuromuskuläre Manifestationen
Myopathie wird definiert als Muskelschaden und Myalgie als Muskelschmerz. Personen mit Muskelproblemen können Schmerzen bei Druckbelastung haben oder spontanen Schmerz (Myalgien). Es kann sein, dass sie keine Treppen mehr steigen oder nichts mehr tragen können (Schwäche). Es kann sein, dass sie Symptome wie Fieber, Erschöpfung, Gelenk- und Muskelschmerzen oder Lymphadenopathie (bleibende Lymphknoten-Vergrößerung) haben. Schwäche kommt insbesondere vor bei Nierenbeteiligung, tubulärer Azidose und Kaliummangel. Wenn Verdacht auf Muskelbeteiligung beim Sjögren-Syndrom besteht, sollten entsprechende Blutuntersuchungen und eine Elektromyographie gemacht und zusätzlich Muskel- und Nervenbiopsien erwogen werden.
Neuropathie
Neuropathien sind charakterisiert durch Empfindungsstörungen, wie Taubheit, Kribbeln oder schmerzhaftes Brennen. Hier sind die unteren Extremitäten mehr betroffen als die oberen. Die neurologische Untersuchung kann normal sein.
Ausdrucksformen der möglichen Neuropathien sind Sensibilitäts-Neuropathien oder dorsale Nervenwurzel-Neuropathien. Das kann zu Störungen in Bewegungsabläufen führen, gesteigerter Schmerzempfindlichkeit (auf einen schmerzhaften Reiz) und Veränderungen in der Schmerzempfindlichkeit. Reflexe können fehlen.
Die Motorik kann betroffen sein, in Verbindung mit der Sensorik und Sensibilität Die Schwäche kann symmetrisch sein und kann sich rapide verschlechtern, z.T. mit Befunden, die Bandscheiben-Veränderungen nachahmen, mit Nervenwurzelschmerzen und Schwäche im Nervenwurzelbereich.
Die Motorik kann betroffen sein, in Verbindung mit der Sensorik und Sensibilitätstörungen im Gesicht. Sie können auf einer Seite beginnen und dann beidseitig werden. Das kann sich über Monate und Jahre hinweg verschlimmern.
Vielfache Einzel-Neuropathien wie Karpaltunnel-Syndrom, Ellenbogen-Neuropathie oder Tarsaltunnel-Syndrom (Kanal für den Nerven am Fußinnenknöchel) können auftreten. Schwindel mit Wechsel oder Körper-Position (Ohnmacht) durch Hypotonie ist möglich.
Zentrales Nervensystem
Störungen des zentralen Nervensystems können Gehirn und Rückenmark betreffen. Sie können motorische und sensorische Schäden hervorrufen mit Lähmungen, Sprachstörungen, Schlaganfall. Bewegungsstörungen, Gehirnentzündung, aseptische Meningitis, Demenz oder psychische Abnormalitäten können auftreten.
Krankheiten des Rückenmarks können sein: Knochenmarkentzündung, Brown-Sequard-Syndrom (motorische Lähmung) und neurogene Blase.
Neuropschologische Abnormalitäten waren Aufmerksamkeits- und Konzentrations-Schwäche sowie Defizite bei der verbalen Intelligenz (größer als bei nicht-verbaler Intelligenz). Alzheimer-Demenz kann ausgeschlossen werden. Außerdem sind Hysterie, Hypochondrie, Depression, Verstimmungen, Angst und Anfälle von Panik möglich.
Die Nervenbeteiligung beim Sjögren Syndrom wird oft durcheinandergebracht mit Multipler Sklerose, besonders wegen der ähnlichen Symptome, wie Defizite bei Gehirn und Rückenmark. Beim Sjögren Syndrom können jedoch auch Krankheiten des peripheren Nervensystems auftreten, und das ist bei MS selten.
Dagegen hat der systemische Lupus erythematosus mit seiner Beteiligung des zentralen Nervensystems Ähnlichkeit mit Sjögren-Patienten, die eine Krankheit des zentralen Nervensystems haben, wobei Schlaganfälle beim Lupus häufiger vorkommen. Bei Gefäßerkrankungen und Mikroinfarkten im Gehirn und Rückenmark ist es schwer, zwischen Sjögren und Lupus zu unterscheiden.
Die Therapie richtet sich gegen die Gefäßerkrankung und die neurologische Manifestation. Diese kann enthalten: Cortison, Azathioprin (Imurek), Cyclophoshamid (Endoxan) und IVIG. Die neurologsichen Manifestationen beim Sjögren-Syndrom müssen früh erkannt und aggressiv behandelt werden, damit spätere Komplikationen vermieden werden, die dann nicht mehr so erfolgreich behandelt werden können.
übersetzt von Ruth Franke